4. Holzschutzmittel (HSM)

4.3 Fungizide (Teil 1): Pentachlorphenol (PCP)


4.3 Fungizide

Inhaltsangabe:

Teil 1:
Teil 2:
Teil 3:
Teil 4:

4.3.0 Anmerkungen:

Fungizide dienen der Vorbeugung und Bekämpfung pilzparasitärer Zeiten hauptsächlich anorganische Stoffe ( Anorganische Salze ) angewandt wurden, benutzt der neuere Pflanzenschutz eine Vielzahl organisch-synthetischer Fungizide mit erhöhter Fungitoxizität. Diese Wirkstoffe besitzen zwar gegenüber den anorganischen, traditionellen Wirkstoffen die Vorteile erhöhter Wirksamkeit und niedrigerer Rückstandsbelastung, damit ist jedoch nicht die biozide Wirkung verringert, sondern nur konzentriert worden. Außerdem führte der Einsatz von Wirkstoffen mit speziellem Wirkungsmechanismus schnell zur Ausbreitung resistenter Keime, so daß verstärkt Fungizide mit breitem Wirkungsspektrum eingesetzt wurden. Rückstandstoxikologische Probleme ergeben sich aus der hohen Persistenz einiger Wirkstoffe wie z.B. Hexachlorbenzen und Carbendazim sowie aus dem Vorkommen von Abbauprodukten und Metaboliten, die gegenüber den Ursprungssubstanzen veränderte toxikologische Eigenschaften besitzen, und deshalb in die Rückstandsbeurteilung mit einzubeziehen sind. Weiterhin ist zu beachten, daß bei Anwendung systemischer Wirkstoffe der in das Innere der Pflanze eingedrungene Anteil durch Abwaschen nicht mehr entfernt werden kann und deshalb nahezu vollständig auf evt. angewendete, verzehrfertige Nahrungsmittel übergeht.


4.3 Fungizide (Teil 1): Pentachlorphenol


4.3.1. Pentachlorphenol (PCP):


4.3.1.1 Allgemeines:

Sehr verbreitetes, in gewaltigen Mengen produziertes Mittel (sog. "Ubiquist"), das stark bakterizid, fungizid und insektizid, vorwiegend aber fungizid wirkt. In der BRD sind zwischen 1979 und 1987 ca. 28.000 t produziert worden. Verbot in der BRD seit 1989. Trotzdem beträgt die weltweite Produktion ca. 50000 t pro Jahr.

Die verschärfte Problematik dieser Substanz ergibt sich aus ihrer Verunreinigung mit dem Ultragift Dioxin (TCDD = p-2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin), das zu ca. 0,1 ppm in technischen PCP-Produkten enthalten ist.

PCP ist vorwiegend ein Problem in geschlossenen Räumen.

Da der Mensch ca. 90 % seines Lebens darin verbringt, ist eine Kontamination seiner Umgebung mit der Substanz besonders folgenschwer.
Weil die juristischen Grundlagen für die Verantwortlichkeit von PCP-Schäden nicht eindeutig geklärt sind, wird die tatsächliche Beseitigung des Giftes stark verzögert. Solange die Chemie-Industrie am PCP-Verkauf mehr verdient als sie durch gesetzlich verankerte Mitverantwortlichkeit an Umweltschäden Verluste erleidet, wird sie die massive Produktion dieser u.a. hochproblematischer Substanzen nicht einstellen. Da die Kosten für die Sanierung kontaminierter Räume oder für die Therapie geschädigter Menschen mittlerweile unüberschaubare Ausmaße angenommen haben, handelt es sich in Zsh.mit PCP-Fällen häufig mehr um eine finanzielle oder juristische als um eine rein naturwissenschaftliche Problematik.

PCP fand als Desinfektionsmittel und Fungizid in folgenden Bereichen Verwendung:

Holzschutz                               40 %
Bautenschutz 3 %
Lacke und Farben 2 %
Klebstoffe 6 %
Schwertextilien (Zelte, Markisen usw.) 16 %
Lederindustrie 11 %
Sanitaerbereich 7 %
Zellstoff, Papier > 1 %
Schmieröle 8 %
Sonstige 7 %

4.3.1.2 Handelsnamen:

(BRD): Witophen P (PCP), Witophen N (Na-PCP)

Adexol Braun, -Holzbau, -Holzgrund, -Holzschutzöl, -VBG IT
Aidol B, -HK hell, -HK Lasur, -Paste Schwammschutz
Altox HK, -VR
Alufolin Bläueschutz
Avenarol Color, -SR -VA
Basilit PN
Bekarol FG
Bondex Holzschutzgrund
BP Hylosan
Buefa Holzschutz 805, -2000
Corbal M
Delta Holzgrund 0251
D.F. Imprägniermittel für Holz
Durolox Holzgrund
Fertighaus Avenarol 8214, -8220
Flamuco Holzschutzgrund
Fungol Imprägniergrund N, -P
Glassomax Imprägniergrund 115-38, -115-b-2101 / 73, Lasutex-V-Lasur braun BL
-208105, -V-Imprägnierung
Gori 22, -22 Holzgrund, -Holzimprägniergrund
Habifix PI
Herberts HF Imprägnierung
Hydrasil K 63
Impra Bauholz S, u.a.
Impralit, -MS
Impranol HB
Konserval B Spezial, -Grund, -HBL
Kulba IB, -Lasur
Kubanol HB, -Imprägniergrund, -V braun, -V-GS, V kombiniert
Kulbasal M
Meisterpreis Holzschutzgrund F, -P
MS-Paste
Osmol M
Osmoleum Fertigbau, -HG
Pigrol B-nussbraaun, -ZI Zopfschutzpaste, -F hell
Primol Imprägniergrund
Protim 100
Raco Paste
Rowalin V
Sadovac 561-2248, -Imprägniergrund, u.a.
Setta Holzschutzgrund
Sigma Holzschutzmittel
Wolmanit M
Wolmanol Fertigbau P, -Hausbock gfs, -gfs mild, -Holzbau TOP
Wolvac P, -PWR
Xyladecor
Xylamon Combi S, -Echtbraun, -Hell, -Hochbau, -Holzbau 120, -S,
-Imprägniergrund, -Imprägniergrund S, -KM, -KT, -Naturbraun
Xylatect, -I Fensterholzschutz

4.3.1.3 Toxikologie:

hochtoxisch; eindeutig allergene, cancerogene und mutagene Wirkung; Inkorporation vorwiegend über Haut und Inhalation; orale Vergiftung relativ selten. Bindung an die Plasmaproteine des Blutes. Höchste Konzentrationen in Leber und Niere, gefolgt von Herz und Lunge. Ebenfalls beträchtliche Konzentrationen in endokrinen Organen, Hoden, Samenblase, Schilddrüse, Hypophyse und Nebenniere. Wenig im ZNS. Hinweise auf Speicherung von PCP im Gehirn.
Über die Metabolisierung zu Chinonen und auch durch Glucuronidierung wird es zu 80 % nierengängig über den Harn und zu 20 % durch den Darm ausgeschieden. Dabei liegt PCP sowohl in glucuronidierter Form als auch in freier Form vor. Das Verhältnis von gebundenem zu freiem PCP beträgt 1 : 10-12, bei Vergifteten 1 : 2.

Bei Urinuntersuchungen wird häufig nur das an Glucuronid gebundene PCP gemessen, so daß der Gehalt an freiem PCP nicht erfaßt wird und wesentlich niedrigere Werte vorgetäuscht werden.

Bioakkumulation findet durch Algen mit dem Faktor 1250 statt. Formaldehyd steigert die Wirksamkeit von PCP um das fünffache. Technisches PCP, das normalerweise im Handel verkauft wird, enthält Verunreinigungen in folgenden Anteilen:

Lindan:                           ~ 1,5 %
Chlorphenole ~ 4 - 8 %
PCB ~ 1 - 3 ppm
Furane ~ 660 ppm
Praedioxine ~ 2 - 6 %
Dioxine (gesamt) ~ 3000 ppm
OCDD ~ 2510 ppm
HpCDD ~ 520 ppm
2,3,7,8-TCDD ~ 0,1 ppm (ca. 6 pg)

Vermutlich wird die Störung der Leberenzymaktivität durch die technischen Verunreinigungen bewirkt.
Der als Grundbelastung anzusehende Gehalt im Organismus des Menschen ist durch die Aufnahme von PCP mit der Nahrung bedingt. Ein weiterer Teil könnte aus dem Metabolismus anderer Pestizide stammen. Anhand eines PCP-unbelasteten Kollektivs von ca. 300 Personen (Quelle: O. Wassermann: Gutachten Holzgifte, Frankfurt, 1989) enstanden folgende Referenzwerte:
Werte PCP-unbelasteter Personen:
Serum-PCP: 3,4 - 9,1 mcg/L
Urin - PCP (im Morgenurin): 3.6 - 5,5 mcg/L
Quotient PCP//Creatinin: 1,6 - 2,4 mcg/g Creatinin

Die PCP-Bestimmung im Urin umfaßt das Gesamt-PCP, d.h. sowohl freies als auch das meist als Glucuronid gebundene PCP.

Allein aufgrund der gemessenen PCP-Konzentrationen im Serum oder Urin ist keine Entscheidung über eine potentielle Gesundheitsgefährdung möglich, da

---> Die Grenzwerte müssen daher die Dioxinbelastungen miteinbeziehen und nicht nur die Wirkstoffe berücksichtigen.

---> Staubuntersuchungen sind wichtiger als Blutwerte!

Besonders hohe Werte wurden nach Fastenperioden vermutlich durch Auflösen von Fettdepots beobachtet.

Grenzwerte:

unbelastetes Holz                    10-30 mcg/kg
belastetes Holz 1000-40.000 mcg/kg
unbelasteter Hausstaub (1989) - 700 mcg/kg
13 mcg/kg (1983)
unbelastete Person, Serum -7 mcg/L
belastete Person, Serum -15 mcg/L
Vergiftung, Serum oder Urin > 25 mcg/L

Wirkungsmechanismus: Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung; dadurch geringere Energieausbeute in den Zellen. Die Energie, die in der Elektronentransportkette freigesetzt wird, produziert nicht ATP, sondern wird in Wärme umgewandelt. Der Körper versucht den Energiemangel durch Mehrverbrennung im Citronensäurecyclus zu kompensieren, wodurch ein größerer Sauerstoffbedarf ensteht, so daß die Atmung beschleunigt wird. Die zusätzliche Verbrennung führt dazu, daß noch mehr Wärme freigesetzt wird und der Vergiftete Fieber bekommt. Häufig ist bei schweren Vergiftungen die erhöhte Körpertemperatur die Todesursache. Man behandelt vergiftete Personen daher mit Abkühlung. Verbindungen mit der beschriebenen Wirkung nennt man auch Entkoppler oder "Uncouplers".

4.3.1.4 Akute Vergiftungssymptome:

Fieber mit Tarchykardie (Herzjagen), profuses Schwitzen, Tachypnoe (beschleunigte Atmung), Hyperkinese (unwillkürliche Antriebssteigerungen), Unterleibschmerzen, Unruhe, motorische Schwäche, Verwirrtheit, Schlafstörungen; Zustände, die an Psychose erinnern

4.3.1.5 Chronische Vergiftungssymptome:

Unspezifische Krankheitssymptome: Müdigkeit, Kopfschmerzen, gehäufte Infektanfälligkeit, Nasennebenhöhlenentzündung, häufiger Nachtschweiß, Störungen des Immunsystems, neuropathologische Symptome, hormonelle Fehlregulationen, akneähnliche Hautveränderungen.

M. Daunderer [9] :
Lebervergrößerung (Hepatomegalie) mit Parenchym (=Organgewebe) -schäden; eingeschränkte Nierenfunktion; in Einzelfällen Herzmuskelentzündung, Blutbildveränderungen, Anämie, Chlorakne.

Die Vergiftungserscheinungen werden hier eher durch die technischen Verunreinigungen (vor allem TCDD) hervorgerufen.

4.3.1.6 Physikalisch-chemische Eigenschaften:

PCP [Na-PCP]
Allgemeine Eigenschaften:
farblose bis weiße , nadelförmige Kristalle; bei Raumtemperatur stabil, längeres Erhitzen führt zur Bildung von OCDD.

rel. Molekülmasse:           266,3 [299,3 Na-PCP]
Schmelzpunkt [ grad C]: 191,0
Siedepunkt [ grad C]: 309-310
Dampfdruck (bei 20 grad C) [hPa]: 5,1 x 10 h(-5)
Sättigungsdampfdichte: 216 mcg/cbm

Loeslichkeit in Wasser: 20 grad C, pH 5: 14mg/L
30 grad C, pH 5: 20 mg/L
[ Na-PCP 30 grad C 33 g/L]
Loeslichkeit in organischen Loesungsmiteln:
Methanol: 180 g/L
Aceton: 50 g/L
Benzol: 15 g/L

Fettloeslichkeit (37 grad C): 213 g/kg

4.3.1.7 Grenzwerte:

MAK (PCP)
[mL/cbm]          [mg/cbm]    Bemerkungen
____________________________________________________________________
-- 0,5 G Da der MAK-Wert die Sättigungs-
dampfdichte übersteigt, ist der
Staubgehalt maßgebend. Seit dem
PCP-Verbot und durch neue
Erkenntnisse ist der Wert sehr
illusorisch.
____________________________________________________________________

ADI 3 mcg/kg KG

LD(50) 50 mg/kg

Weitere Werte:

-Luftgehalt
Hintergrundkonzentration: bis o,1 mcg/cbm
Richtwert des Bundesgesundheitamtes: 1,0 mcg/cbm

-Sanierungsbedarf bei: > 1,0 mcg/cbm

-Blutwerte:
Serumgehalt unbelasteter Personen: bis 90,0 mcg/L
Grenzwertvorschlag: 70,0 mcg/L
Richtwertvorschlag (BGA) 30,0 mcg/L

-Biolog. Halbwertszeit: 20 - 35 Tage

4.3.1.8 Therapie (Anwendungsbeschränkung):

- Nicht zur Anwendung im Spritz oder Sprühverfahren, ausgenommen in stationären abgeschirmten Anlagen.
- Nicht zur großflächigen Anwendung in Daueraufenthaltsräumen oder Räumen zum Lagern von Lebensmitteln oder Futtermitteln.
- Nicht zur Anwendung bei Holz, daß in direkten Kontakt mit Lebens- oder Futtermitteln kommen kann.

4.3.1.9 Literatur:

[9] M. Daunderer: Umweltgifte; Kompendium der klinischen Toxikologie; Teil 3, Band 13. ecomed Verlagsgesellschaft, München 1990
[10] F. Korte (Hrsg).: Lehrbuch der ökologischen Chemie. Georg Thieme Verlag, Freising-Attaching 1992, S. 295-317
[11] B. Birgersson, O. Sterner, E. Zimerson: Chemie und Gesundheit. VCH, 1988, ISBN 3--527-26455-8

Fungizide: Teil 2 (Metallorganische Fungizide)

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Letzte Aktualisierung:  12/1995